Die Herausforderungen, die in einer Inszenierung der Opern von Wolfgang Amadeus Mozart liegen werden oft unterschätzt. Als letzte Premiere der Saison an der Berliner Staatsoper Unter den Linden stand sein beliebtes Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ auf dem Plan – in der Regie des schon seit längerem als Schauspielregisseur hoch gehandelten Michael Thalheimer.
Was mach ich nur? Was mach ich nur?
Um es gleich vorwegzunehmen, durchweg erfreulich ist die musikalische Seite der Aufführung: Unter der umsichtigen und inspirierenden Leitung von Philippe Jordan gelingt der Staatskapelle eine höchst differenzierte Aufführung, welche die Spannung über den zweistündigen pausenlosen Abend hält. Pavol Breslik, früher Ensemblemitglied an der Lindenoper - inzwischen ein auch in München und Wien gefragter Tenor, liefert mit Schmelz, Hingabe und sicherer Stimmführung einen Belmonte aus dem Bilderbuch. Ebenso erfreulich Florian Hoffmann als Pedrillo, immer auf den Punkt und seit langem wieder richtig aus sich heraus gehend. Christine Schäfer beglaubigt ihre Konstanze mit Persönlichkeit und Ausstrahlung, ein paar der hohen Töne sitzen nicht so, wie sie könnten, sie scheint nicht ganz in der üblichen Form zu sein. Als Blonde macht die junge Sängerin Anna Prohaska erneut mit Nachdruck auf sich aufmerksam, sängerisch und darstellerisch. Osmin bleibt eher eine Randfigur, obwohl ihn Maurizio Muraro mit stimmlichem und darstellerischem Furor zeigt.
Es sind die Fragen von Nähe...
Regisseur Michael Thalheimer ist eines wirklich gelungen, die Dialoge fallen an diesem Abend nicht hinter die gesungenen Passagen zurück, darin steckt viel Arbeit, die sich gelohnt hat. So stichhaltig und auf den Punkt wurde auf der Opernbühne selten argumentiert (teilweise auf englisch, was nicht weiter stört, aber auch keine tieferen Einsichten bringt). Die Sänger verkörpern allesamt Figuren und singen nicht nur Rollen. So ergeben sich viele schöne und auch überraschende Details. Leider hält das Konzept der Inszenierung als Ganzes dem nicht stand. Thalheimer verzichtet auf die Geschichte, konzentriert sich vielmehr auf eine Versuchsanordnung von sich irgendwie nicht mehr oder noch nicht (wieder) liebenden Menschen. Es bleibt dann aber alles erstaunlich konventionell. Er findet keine richtig schlüssigen Bilder und so das Bühnengeschehen keinen Rhythmus. Deswegen wirkt auch der Bassa Selim des Schauspielers Sven Lehmann, eigentlich eine dankbare Aufgabe, seltsam konturlos.
...und Distanz, welche in der Inszenierung verhandelt werden.
Dennoch ist es ein erlebenswerter Abend, der gut in den beginnende Sommer passt. Durch die verdeckten Proszeniumslogen ergibt sich eine kammerspielhafte Konkretheit im Vorbühnenbereich und so lange die Sänger um das Orchester herumturnen geht eigentlich nichts richtig schief. Wer das Stück kennt und mag kommt auf seine Kosten. Am Schluss einer durchwachsenen Saison steht eine durchschnittliche, irgendwie großstädtisch geratene Entführung, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Großer Jubel für alle Musiker, Buhs für die Regie – auch das fast wie immer.
Das wars - ein Ende ohne jegliche Illusionen.
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