Montag, 6. April 2009

Kinder, schafft Neues!

Die Erwartungen waren hoch an die diesjährige Festtags-Premiere der Staatsoper Unter den Linden. Regisseur Stefan Herheim hatte im letzten Sommer in Bayreuth einen von allen Seiten gelobten und bewunderten „Parsifal“ auf die Bühne gebracht, nun sollte es Wagners anderes Gralsdrama sein: Lohengrin. In der Presse raunte es bereits vorab vielstimmig, von Umbesetzungen war die Rede und vom Zerwürfnis des Regisseurs mit Daniel Barenboim.


Willkommen nicht in Brabant, sondern in der Berliner Opernkrise!

Es ist eine Plattitüde, aber auch in diesem Fall ist sie nötig: Die Aufführung ist auf hohem Niveau gescheitert. Stefan Herheim will zu viel. Einen Kommentar zur Berliner Kulturpolitik, eine kritische Auseinandersetzung mit Richard Wagner und dann auch noch den Lohengrin nebst Rezeptionsgeschichte. Das fängt gut an, aber es geht nicht gut. Zu vieles bleibt Behauptung, schöne Ideen werden zu früh wieder aufgegeben. Die Inszenierung ist an vielen Stellen im Detail meisterhaft, die vielseitig eingesetzten Marionetten sorgen immer wieder für überraschende Wirkungen. Herheim beherrscht den Theaterapparat wie kaum ein anderer, aber das große Ganze fügt sich hier nicht zusammen. Der Abend ist durchaus kurzweilig, auch wenn an vielen Stellen blanke Theaterkonvention ausbricht, aber es bleibt nichts, wenn er vorbei ist. Das ist schade.


Marion-netten...

Herheims starker Zugriff fordert von den Beteiligten immer wieder gegen ihre eigene Spielintelligenz anzugehen. Das wird zum Problem, weil nur erfüllt wird, was nicht verstanden wurde. Der musikalische Eindruck ist entsprechend gemischt. Mit makellosem Tenor ist Klaus Florian Vogt nach wie vor einer der besten Sänger der Titelrolle, der im Moment aufgeboten werden kann. In letzter Zeit verlegt er sich aber zu oft auf Lautstärke, das beeindruckt auch in der verhältnismäßig kleinen Staatsoper, aber interpretatorische Feinheiten bleiben auf der Strecke. Michaela Schuster als Ortrud zeigt eine recht konventionelle Studie der nervösen Intrigantin mit ein paar schön-schmutzigen Spitzentönen, Gerd Grochowski als Telramund bleibt stilistisch unentschlossen.


Arttu Kattaja als Heerrufer im gelungensten Kostüm des Abends.

Den gesanglich besten Eindruck des Abends hinterlässt Kwangchul Youn als König Heinrich, er hat die Rolle für den erkrankten René Pape übernommen. Dorothea Röschmann kämpft mit vibratoreicher Stimme vielfach um die Höhe, findet sich aber zusehends in ihre Partie ein und gelangt im dritten Akt zu einigen wirklich schönen Momenten. Daniel Barenboims Dirigat macht wie so oft nicht rundum glücklich, es gibt viele sehr klangschöne Phasen, aber auch vollkommen unverständliche Tempowechsel. Eine geschlossene Interpretation des Werkes liefert er nicht, immerhin befindet er sich damit im Einklang mit dem Inszenierungskonzept. Bei der Staatskapelle häufen sich die Patzer schon im Vorspiel, leider keine festtagswürdige Leistung. Auch der Staatsopernchor tut sich streckenweise sehr schwer den umfangreichen musikalischen und darstellerischen Anforderungen zu entsprechen.


Als Lohengrin vom Dienst: Klaus Florian Vogt - hier wirklich mal ein Schwanenritter.

Wenn sich am Schluss der gesamte Schnürboden auf das Ensemble senkt wird eine Transparent mit dem berühmten Wagner-Zitat sichtbar: „Kinder, schafft Neues!“ – auf jeden Fall und bitte immer wieder!

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