Donnerstag, 19. März 2009

Der Mensch ist als Narr geboren

Einem letzten Werk wird immer unterstellt Vermächtnis des Künstlers zu sein. Im Falle von Guiseppe Verdis "Falstaff" kommt noch hinzu, dass es sich um eine der wenigen heiteren Oper des Komponisten handelt. Auch musikalisch hat sie im umfangreichen Gesamtschaffen Verdis eine Ausnahmestellung inne. Öffnet er doch mit ihr die Tür zur Opernmoderne des zwanzigsten Jahrhunderts, durch die dann immer wieder besonders erfolgreich Richard Strauss gegangen ist. Er gehörte zu den großen Bewunderern der Partitur, "Der Rosenkavalier", "Ariadne auf Naxos" und "Capriccio" nehmen in Stimmführung und Orchestrierung immer wieder Anleihen aus dem "Falstaff" auf.



Der Falstaff ist in der Oper wie im Schauspiel schwierig zu besetzen, denn der Bauch täuscht, genau wie die burleske Charakterisierung! Die Rolle bedarf eines differenzierenden Darstellers, der sowohl die Bräsigkeit, wie auch die Schlitzohrigkeit der Figur über die Rampe bringt. Dazu braucht es eine enorme Präsenz und sowohl Bühnen- wie auch Lebenserfahrung. Mit Alan Titus steht in der aktuellen Vorstellungsserie an der Wiener Staatsoper so etwas wie eine Idealbesetzung auf der Bühne. Sein Falstaff denkt erst und handelt dann, er hat Charme, Witz und Methode und eine Beweglichkeit, die man bei Titus Auftritten als Hans Sachs oder Wotan nie vermutet hätte. Mit großer, beweglicher und auch über weite Strecken durchdringender Stimme bewältigt er die anspruchsvolle Partie. Titus verfügt aber auch über ein bemerkenswertes Piano, er teilt sich den Abend clever ein und kann so manche Schwäche auf der langen Reise geschickt kaschieren.

Fabio Capitanucci
als Gegenspieler Ford ragt mit der italinata seiner Stimme aus dem soliden Restensemble heraus, dessen Gesang stilistisch dann doch ziemlich auseinander fällt. Man wünscht sich gelegentlich einen komplett "italienisch" besetzten Falstaff, gerade wegen der die Bühnenhandlung so kongenial tragenden Musik Verdis. Diese wird von Marco Armiliato mit Tempo und Umsicht und zum großen Teil auch recht sängerfreundlich dirigiert. Die Spielfreude auf der Bühne setzt sich im Graben fort. Viele schön ausmusizierte Details machen das Zuhören zum Genuss. Das gilt auch für das Zuschauen: Regisseur und Bühnenbildner Marco Arturo Marelli hat eine Aufführung mit außerordentlichem Schauwert geschaffen, die sich vordergründiger Aktualisierungen enthält und so die Reife genauso wie die Rätselhaftigkeit des Werkes schön zur Geltung kommen lässt.



Oper als Menschentheater, denn auch im Leben kommt es mitunter ganz anders als man denkt - und wenn sich am Schluss über allem der Vorhang schließt steht das Credo in großen Lettern geschrieben: Tutto nel mondo è burla. Alles ist Spaß auf Erden und der Mensch als Narr geboren!

Wiener Staatsoper,
besuchte Vorstellung: 17. März 2009

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