Freitag, 5. März 2010

Was vom Teufel übrig bleibt


Erwartungsfroh ob der vielversprechenden Ankündigungen macht man sich auf den Weg ins Münchner Nationaltheater. Der allseits gelobte Peter Eötvös, einer der klügsten und interessantesten lebenden Komponisten hat eine neues Werk für die Münchner Oper geschreiben, Abwechslung im Repertoirealltag und vielleicht sogar ein so großer Wurf, wie seine inzwischen zehn Jahre alten Tri Sestri, die sich schöner Präsenz auf den hiesigen Bühnen erfreuen. Nach langen nicht einmal zwei Stunden verlässt man das Opernhaus um einige Illusionen ärmer. Eötvös teilt - wie immer - das Orchester auf Graben und Hinterbühne auf, was klanglich wirklich hervorragende Ergebnisse bringt. Doch das war es dann auch. Musikalisch gerät das Werk kurzatmig und gestrig, die Ideen wechseln in unterschiedlichem Tempo, richtig ausgearbeitet werden sie kaum. Das gleiche gilt für die Handlung. Die interessante Vorlage, der ungarische Faust als wirkungsvolles Stationendrama erzählt, wird zerbröselt und vollkommen unschlüssig wieder zusammen geführt. Das Libretto von Albert Ostermaier ist eine geschwätzige Ansammlung pseudophilosophischer Allgemeinplätze. Das kalauert vor sich hin, dass einem die Ohren klingen. Bei allem Respekt, so oberflächlich kann man diesem Stoff nicht gerecht werden. Das alles ist wohl auch dem Regieteam unter der Leitung des Ungarn Balasz Kovalik aufgefallen, der das ganze wieder zum Stationendrama zusammen binden will. Das gelingt ihm aber nur zum Teil, er greift tief in die Klamottenkiste des letzten Theaterjahrhunderts. Die Versenkung ist im Dauereinsatz, irgendwie müssen die Sänger ja in Position gebracht werden. Zur Bühne von Ilya und Emilia Kabakow schweigt man lieber, an dem sich permanent drehenden Ruinensprungturm hat man sich schon nach Minuten satt gesehen, die Kostüme sind in ihrer Unbedarftheit kaum noch zu unterbieten. Dennoch, es gibt Lichtblicke: Zu allererst ist der famose finnische Tenor Tobi Lehtipuu als Adam zu nennen, der mit sicherer und klangvoller Stimme und hervorragender Textverständlichkeit überzeugt. Das gilt auch für den "armen" Teufel von Georg Nigl, der die hohen Erwartungen ebenfalls erfüllt. Als Lilith schlägt sich Ursula Hesse von den Steinen wacker, mehr ist hier nicht möglich. Am Schluss fragt man sich verwundert, ob das wirklich die Trägödie des Teufels sein kann, feststellen zu müssen, dass die Menschen ihn inzwischen übertrumpfen. Das liest sich in der Zeitung aber wirklich besser! So reiht sich diese ärgerliche Inszenierung in die Reihe der Neuproduktionen an der Bayerischen Staatsoper ein: sängerisch immer noch in der ersten Liga, aber beim Rest mangelt es an Sorgfalt, dramaturgischer Klarheit, künstlerischem Wollen und auch Können und ein bisschen wohl auch an Fortune.

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