Donnerstag, 3. Dezember 2009

Dieser Holländer überzeugt


Noch vor seiner selbstgewählten Kreativpause (aus der er sich mit seiner Amsterdamer Salome soeben zurück gemeldet hat) stand an der Bayerischen Staatsoper vor drei Jahren Richard Wagners Frühwerk Der fliegende Holländer auf dem Programm von Regisseur Peter Konwitschny. Auch in der aktuellen Wiederaufnahme lässt sich wunderbar ablesen, war um er einer der wichtigsten Opernregisseure unserer Zeit ist. Intelligent und präzise schärft er das Werk zur Kenntlichkeit, lässt sich nicht auf voreilige Interpretationen ein und verhilft so dem Zuschauer zu einem Erlebnis, hinter das es kein Zurück mehr gibt. Seine Deutung ist so fulminant, wie stichhaltig. Der Holländer als ewig Unerlöster bleibt immer in seiner düsteren, einem flämischen Gemälde entsprungenen Welt, Senta dagegen lebt ihre Fantasien sehr lebendig und in einer heutigen, anders verstandenen Spinn-Stube aus. Größer könnten die Gegensätze nicht sein, dennoch ist Vermittlung möglich, Erlösung denkbar - ein großes Wort: Liebe. Hier wird die tatsächliche Geschichte von mehr als zwei lebenden Menschen verhandelt, das macht diese Inszenierung so wertvoll.

Das ganze ist nicht, wie so oft, Sentas Projektion. Der Holländer wird als Titelfigur ernst genommen und in seine Rechte eingesetzt. Wunderbar gebrochen gibt ihm Juha Uusitalo überlegt und kraftvoll Format. Auch Nina Stemme überzeugt als Senta mit vielen kraftvollen Tönen, fällt allerdings stimmlich mehr ins dramatische als beim Spiel. Matti Salminens Daland ist immer noch ein Rollenporträt mit enormer Ausstrahlung und Erik Lance Ryan erfreut als Einspringer mit einer wirklich tragfähigen Stimme. Im Orchestergraben entfesselt Cornelius Meister einen sehr kontrollierten Klangrausch, was sich hier durchaus im Einklang mit dem reflektierten Bühnengeschehen befindet. In vielen schön musizierten Details wird deutlich welch großer Wurf dieses frühe Werk Wagners ist und dass hier schon die ganze Genialität des Musikdramatikers aufscheint. Vieles was er später im Lohengrin oder im Tristan thematisch und motivisch weiter entwickelt und vollendet hat, ist hier schon in ganzer Schönheit da. Man muss nur Ohren haben, es zu hören.

Wenn die weißglühende Explosion am Schluss den Zuschauer unerbittlich in die Gegenwart zurück holt bleibt mehr als der Eindruck eines Opernabendes, bei dem nicht alles, aber vieles zusammen passt. Es bleibt mindestens auch die Erkenntnis, dass im Leben nichts gewiss ist und dass sich Priorität schneller verschieben, als man denkt. Wie schade und wie großartig, dass man daran in der Oper erinnert werden muss!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Jeder namentlich gezeichnete Kommentar, der sich auf die Inhalte dieses Blogs bezieht, ist willkommen! Bitte nicht anonym kommentieren!

LinkWithin

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...