Freitag, 9. Oktober 2009
Melancholie, Noblesse und Esprit
Schon seit vielen Jahren behauptet sich die Rosenkavalier-Inszenierung von Nicolas Brieger im Repertoire der Staatsoper Unter den Linden. Mit ihrer melancholisch-ironischen Interpretation nimmt sie das Werk ernst und rückt es trotzdem in eine Traumwelt, in der es erstaunlich plausibel wirkt. Viele kleine Details erfreuen und das Konzept funktioniert auch noch zehn Jahre nach der Premiere. Denn mehr noch als viele andere Inszenierungen wird hier auf die Sänger gebaut und das funktioniert ganz wunderbar. Anne Schwanewilms ist eine berührende, lebendige und auch würdige Marschallin. Sie tunkt ihre großen Auftritte im ersten Akt in so tiefe Traurigkeit, dass es den Rest des Abend braucht, um wieder daraus aufzutauchen. Sie beherrscht wunderbar präzise die Dramaturgie der Blicke, mit welchen sie das Geschehen dirigiert, sobald sie auf der Szene ist. Mit Katharina Kammerloher steht ein als Octavian bewährtes Ensemblemitglied auf der Bühne. Sie findet sich als Frau in der Hosenrolle einer Frau, die vorgibt ein Mann zu sein erstaunlich gut zurecht. Ihr Gegenüber Sophie wird von Sylvia Schwartz (ebenfalls Ensemblemitglied) mit viel sopranem Spitzenklang ausgestattet. Bemerkenswert, wie die drei Frauen sowohl vom Stimmklang, wie auch von der Präsenz aufeinander abgestimmt sind. Das Terzett im dritten Akt wird so zu einer kleinen Sternstunde. Als Ochs bleibt Alfred Muff mitunter etwas an Esprit schuldig, hat aber viel schöne Töne. In den kleineren Rollen hervorzuheben sind noch Irmgard Vilsmaier als Leitmetzerin, Stephan Rügamer als Sänger und Martin Gantner als Farinal. Prachtvoll zusammengehalten wird der ganze Abend durch Philippe Jordan, der sowohl den Orchestergraben, wie auch das Bühnengeschehen ständig im Blick und auch im Griff hat und sicher auch für die hervorragende musikalische Einstudierung verantwortlich ist. Insgesamt eine gelungene, sehenswerte und angenehm unspektakuläre Repertoire-Auffürung, wie man sie sich auch an der Lindenoper öfter wünscht.
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Wunderschönes Bühnenbild, sehr edel. Schöne Bühnenbilder sind leider die absolute Ausnahme hier unten in Stuttgart; wir scheinen für die Dauer auf Diät zu sein -- nur triste Gefängniszellen, Klassenzimmer und Mondlandschaften zu sehen, und dass seit 15 Jahren. Bei der aktuellen und überraschend wenig tristen Herheim-Produktion vom "Rosenkavalier" war das Haus voll wie lange nicht mehr; ausverkauft.
AntwortenLöschenAch -- sehr guter Blog, übrigens.
Schönes Wochenende,
Michael