Mittwoch, 28. Oktober 2009

Der Debütant


Nach mehr als einhundertdreißig Rollen als Tenor gab Placido Domingo in Berlin sein Debüt als Bariton. Weitere Auftritte in der Rolle des Simon Boccanegra sind in den nächsten Monaten für Zürich, Madrid, London und New York geplant.

Es war ein außerordentlicher, ein fantastischer Abend. Placido Domingo wagt einiges und gewinnt alles, nicht nur das Publikum, dass ihm ohnehin mehr als gewogen ist. Sein Simon Boccanegra ist die authentische Studie eines zwischen Staatsräson und Lebensglück zerrissenen Menschen. Er hat viele wunderbare, konzentrierte Momente, auch dann wenn er gerade nicht singt, aber wenn er das tut, dann ist sofort der Domingo-Zauber da. Strahlend und souverän und mit unverwechselbarem Glanz, dabei nie auftrumpfend, sondern immer um die Figur kämpfend. Ein weiterer Höhepunkt in einer jetzt schon unendlich andauernden Sängerlaufbahn und vielleicht auch ein Stück Operngeschichte. Um ihn herum wurde eine Sängerensemble aufgeboten, bei welchem keine Abstriche gemacht werden müssen: Anja Harteros singt schon seit einiger Zeit in eigenen Liga, wo gibt es im Moment einen kraftvolleren, versierteren Verdi-Sopran? Mit beeindruckender Klangkultur überzeugt wiederrum Kwangchul Youn und mit raumgreifender Tenorstimme Fabio Sartori. Großartig auch Hanno Müller-Brachmann in seiner ersten Verdi-Rolle mit Charisma und kerniger Stimme (ihm gelingt es am ehesten das eigentümliche Regiekonzept umzusetzen, welches sich ausschließlich auf historische Bebilderung kapriziert und diese dann nur völlig unspannend auf die Bühne bringt) und Alexander Vinogradow. Zum musikalischen Triumph wird die Aufführung durch das, was aus dem Graben strömt. Daniel Barenboim verzichtet fast vollständig auf seine so gefürchteten Tempiwechsel und Aufbrausereien und dirigiert einen klaren, beinahe durchsichtigen Verdi und die Staatskapelle Berlin geht mit einer italianita zu Werke, welche man so in der Lindenoper noch nie gehört hatte. Es wurde ein großer, ein unvergesslicher Abend, der über weite Strecken reines zauberhaftes Opernglück bescherte. Die Legende lebt!

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