Janaceks Oper "Jenufa" gehört zu den gelungensten Musikdramen des tschechischen Komponisten. Seit diesem Frühjahr steht das Werk nach langer Pause wieder in einer Neuinszenierung an der Bayerischen Staatsoper auf dem Spielplan. Leider ist es Regisseurin Barbara Frey nicht gelungen, für die Komplexität der Geschichte und die schroffe Schönheit der Musik eine adäquate Umsetzung zu finden. Das wird auch bei der gerade laufenden Reprise mit fünf Vorstellungen deutlich.
Die geschätzte Sängerin Eva-Maria Westbroek auf einem Pappstein.
Der Abend enttäuscht, aber nicht auf der ganzen Linie. Das ist dem hervorragend aufspielenden Staatsorchester unter der außerordentlich präzisen Leitung von Tomás Hanus zu verdanken. Mit kammermusikalischer Durchdringung und großem Verve wird der Variantenreichtum und die Virtuosität der Partitur deutlich. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass es sich bei Jenufa um ein zentrales Werk der Opernliteratur handelt, spätestens damit wäre er erbracht. Nicht ganz den hohen Erwartungen gerecht wird Eva-Maria Westbroek in der Titelrolle, sie legt die Jenufa durchweg kraftvoll und dramatisch an, die innerlichen Töne fehlen mitunter spürbar. Auch im Spiel wirkt manches erstaunlich grob. Ebenfalls im wagnerschen Geiste legt Deborah Polaski die Küsterin an. Sie tut das mit viel Emphase und den ihr zu Gebote stehenden darstellerischen Mitteln, richtig glücklich wird man mit dieser Version der Figur nicht, aber sie singt durchaus überzeugend. Oft ein Problem: die beiden Männerrollen. Hier überhaupt nicht. Sowohl Jorma Silvasti wie auch Brandon Jovanovich überzeugen mit Spielfreude und stimmlichen Kapazitäten. Von Helga Dernesch als Alter Buryja ist nur wenig zu hören, ihr Auftritt hat leider nur nostalgischen Wert.
Vertrackte Familienverhältnisse in tschechischer Schärenlandschaft.
Man könnte meinen, dass eine in der Oper debütierende Regisseurin mit der Frauen-Oper Jenufa viel anzufangen wüsste, das ist aber in diesem Fall nicht so. Barbara Frey arrangiert belangloses Rampentheater, findet erschreckend konventionelle Arrangements in den Chorszenen und hält sich von jeglicher tiefer schürfenden Deutung zurück. Dazu kommen viele kleine handwerkliche Fehler, unlogische Auftritte und ein Bühnenbild dass in seiner Kulissenhaftigkeit (Bettina Meyer) schon einfältig zu nennen ist. Leere Ölfässer sind in eine Felslandschaft drapiert in der erst kein Haus, dann ein Haus und dann ein halbes Haus steht. Man versteht sofort was gemeint ist, sinnhaft zusammen fügen will sich das Ganze nicht. Der Versuch einer sozialen Charakterisierung wirkt unbeholfen und macht das Geschehen eindimensional und vorhersehbar. Auch zu den verstrickten Familienverhältnissen der Figuren verhält sich die Aufführung kaum.
Auch das kleine Glück ist nicht jedem gegönnt.
Es sieht ganz so aus, als ob das Werk von der Regisseurin kolossal unterschätzt wurde. Barbara Frey hat die große Oper wie ein kleines Schauspiel inszeniert, ohne Sinn für die dynamischen Qualitäten, die in der Musik und in der Geschichte liegen. Und nicht nur deswegen kann sich die ganze dramatische Vehemenz des Geschehens auf der Bühne so schwer entfalten. Fast alles bleibt hier Behauptung. Eine Jenufa-Aufführung, die nicht mindestens berührt, wenn nicht gar verstört hat ihr Ziel verfehlt - eine Jenufa-Aufführung die langweilt ist einfach nur ärgerlich.
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